Singwochen

 

Die Singwochen waren ein wesentlicher Teil von Herbert Kelletats Werk: hier wurde intensiv gearbeitet, geprobt, erlebt -- mit Berufsmusikern wie auch mit Laien. Keiner ging unverändert aus diesen Erfahrungen hervor.

Hier, als Darstellung der wohl dauerhaftesten der von Herbert Kelletat ins Leben gerufenen und geleiteten Singwochen, entnommen seiner Autobiographie:

Altena. Die Altenaer Singwochen

In Altena (Westf.) war ich endlich wieder mit meinen Lieben zusammen. In der kleinen Stadt im Sauerland lebte Margret Kelletat, die Witwe meines Bruders, mit ihren drei Kindern. Mein Bruder war am 23. Dezember 1942 auf dem Marsch in Richtung Stalingrad zum Entsatz der 6. Armee als Chef einer Panzergrenadier-Kompanie gefallen.

Die Jugendherberge in der Altenaer Burg wurde zur Heimstätte der „Altenaer Singwochen“, die alljährlich von 1946 bis 1972 stattfanden, ab 1967 in Großalmerode bei Kassel.  Im Pastorat (Pastor Walter Krämer) wurden sie von der Organistin (Elisabeth Schulz) organisatorisch vorbereitet; die Teilnehmer wurden bei Gemeindegliedern untergebracht.

Vom hochgelegenen Pastorat rief Pastor Krämer mit seiner Trompete zur Morgenandacht, und mit einer Komplet ging jeder Tag zu Ende. Die Singarbeit begann mit Atem- und Stimmbildungsübungen, mit Übungen zur Formung und Färbung des „Klangleibes“, mit dem Erschließen der Resonanzräume des Körpers und mit Übungen der Sprechwerkzeuge zur Formung des „Wortleibes“.

Es wurde psalmodiert, und es wurden doppelchörige Motetten erarbeitet, nicht zu vergessen Distler, Pepping, Reda, Willy Burkhard, die dann im Gottesdienst und in Geistlichen Abendmusiken gesungen wurden.  Serenaden im Burghof und im Rittersaal lockten die Bürger der Stadt hinauf zur Burg.

Eine Sängerin, die wohl immer dabei war, Hildegard Rams, fasst zusammen: Wir haben entscheidende Dinge neu sehen gelernt und begriffen. Es ist ja so, dass der Musik Ausdrucksmittel zur Verfügung stehen, die der Sprache fehlen, und das durften wir immer wieder erleben.  Ganz besonders bei den Schütz-Motetten erfuhren wir es, dass oft ein einzi­ger Satz, von einem großen Meister musikalisch bearbeitet und von verschiedenen Seiten beleuchtet, mehr aussagt, als eine ganze Predigt. – Die Stunden, in denen Du uns den Notentext so von innen heraus erklärtest und uns einen Blick tun ließest in die Werkstatt der Komponisten und in die biblischen Aussagen, waren wohl die aufregendsten.  Da ließen wir uns kein Wörtchen von Dir entgehen, um ja alles mitzubekommen und intensiver an der Gestaltung arbeiten zu können.  So konntest Du uns dann oft das Allerletzte an Spannung und Konzentration abverlangen, aber schließlich waren wir, wenn zwar ausgepumpt, doch die Beschenkten. – Alle Teilnehmer waren so gern dabei, dass man schon gleich nach einer Singwoche sich auf die nächste freute.

Siegfried Rams, Hildegards Ehemann,  lud ein zur 26. Altenaer/Großalmeroder Singwoche in das Missionshaus „Frohe Botschaft“ in Großalmerode.. Es war die letzte; sie endete mit einer Abendmusik in der Evangelischen Kirche.